Montag, 23. Mai 2011

Benzinpreise höher als nötig

Die Benzinpreise in Deutschland sind nach Einschätzung des Bundeskartellamts höher als sie sein müssten. Zu dieser Erkenntnis kommt nach Informationen der "Bild am Sonntag" aus Regierungskreisen ein mehr als 200 Seiten umfassender Bericht der Wettbewerbshüter über die Entwicklung der Benzinpreise in den vergangenen drei Jahren. Die Wettbewerbshüter sehen ein marktbeherrschendes Oligopol der fünf Mineralölkonzerne Aral/BP (23,5 Prozent Marktanteil), Shell (22 Prozent), Jet (10 Prozent), Esso und Total (jeweils 7,5 Prozent). Sie sprechen von "Marktstrukturen zum Nachteil des Verbrauchers".

Der Bericht befasst sich auch mit dem Phänomen, dass die Benzinpreise vor allem vor den Ferien, vor Ostern und an Wochenenden zum Teil nur für einige Tage oder gar Stunden erhöht werden. Als "Initiatoren der Preissetzungsrunden" treten der Untersuchung zufolge fast immer die beiden Marktführer in Erscheinung. Erhöhe Konzern 1 die Preise, ziehe Konzern 2 innerhalb nur weniger Stunden bundesweit nach, oder umgekehrt. Und dann kletterten die Preise auch bei den übrigen drei Mitgliedern des Oligopols. Bei Preissenkungen laufe es genauso, nur langsamer.

Für die Studie des Bundeskartellamts untersuchten Experten die Preisbewegungen von jeweils 100 Tankstellen in Hamburg, Köln, Leipzig und München von Januar 2007 bis Juni 2010. Kartellamts-Präsident Andreas Mundt will den "Abschlussbericht zur Sektoruntersuchung Kraftstoffe" am kommenden Donnerstag offiziell vorstellen.

S&P warnt Italien

Italien droht eine schlechtere Bonitätsnote der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P). Das Unternehmen erwägt, die Staatsanleihen des Euro-Landes herabzustufen. Der Ausblick für das Rating wurde bereits auf "negativ" von bislang "stabil" gesenkt. Die Bonität Italiens wird allerdings weiterhin mit der Note "A+" bewertet.

S&P-Analystin Eileen Zhang sprach von schwachen Wachstumsaussichten und einem stagnierenden Reformwillen. "Ein möglicher politischer Stillstand könnte zu einer Abschwächung der Fiskallage führen", warnte Zhang. "Im Ergebnis gehen wir davon aus, dass sich Italiens Aussichten auf eine Reduzierung der Schulden verschlechtert haben."

Das Finanzministerium in Rom reagierte mit Unverständnis auf diese Einschätzung. Diese weiche sehr stark ab von Beurteilungen internationaler Organisationen wie der OECD, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission, hieß es. Daten zum italienischen Wirtschaftswachstum und zum Haushaltsdefizit seien ständig besser ausgefallen als erwartet. Die Pläne, bis 2014 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, seien weit gediehen und erhielten voraussichtlich bis Juli die Zustimmung des Parlaments. Ein schlechteres Rating kann zu erheblich höheren Zinsen für italienische Staatsanleihen führen. Laut S&P liegt die Wahrscheinlichkeit einer Herabstufung in den kommenden zwei Jahren bei eins zu drei. Die Ratingagentur teilte mit, aus ihrer Sicht werde das Wirtschaftswachstum in Italien schwächer ausfallen als die angenommenen durchschnittlichen 1,3 Prozent in den Jahren 2011 bis 2014.

Post will höheres Briefporto

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post, Frank Appel, will das Porto für einen normalen Standardbrief anheben. Eine Erhöhung wäre nach seiner Ansicht gerechtfertigt, zumal die Preise der Deutschen Post im europäischen Vergleich niedrig seien. Die Qualität dagegen sei überdurchschnittlich. "Wir sind die Schnellsten und die Zuverlässigsten, das ist unbestritten", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Außerdem sei das Porto für einen normalen Brief seit 14 Jahren nicht erhöht worden.

Eine Preiserhöhung würde nicht einfach dazu dienen, die Bilanz des Konzerns aufzupolieren, ergänzte Appel. "Wenn wir jetzt die Portopreise erhöhen würden, dann doch nicht, um den Profit zu maximieren, sondern um den Status-quo und eine gute Infrastruktur zu erhalten." Appel bezweifelte aber, dass sich seine Hoffnung in den kommenden zwei Jahren erfüllen lässt: Es gebe derzeit kaum Spielraum, den Preis zu erhöhen. Und wenn das Preisfestsetzungsverfahren nicht geändert werde, werde eine Erhöhung auch 2012 nicht umsetzbar sein, prognostizierte Appel. Denn dazu müsste die Bundesnetzagentur die Regeln ändern: "Wir wissen nicht, ob sie das tut."

Samstag, 14. Mai 2011

Noch kaufen die Verbraucher

Angetrieben von hohen Energiepreisen sind die Lebenshaltungskosten in den USA im April kräftig gestiegen. Sie kletterten um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Dies war der höchste Wert seit Oktober 2008. Im März hatte die Jahresteuerung noch bei 2,7 Prozent gelegen.Im Vergleich zum Vormonat kletterten die Verbraucherpreise im April wie erwartet um 0,4 Prozent. Damit wurde der Alltag für Verbraucher im zehnten Monat hintereinander teurer. Benzin- und Lebensmittelpreise machten dabei den Löwenanteil des Anstiegs aus.

Klammert man die schwankungsanfälligen Preise für Energie- und Nahrungsmittel aus, ergab sich in der sogenannten Kernrate ein Plus von 0,2 Prozent. Die US-Notenbank Fed, die diese Rate für ihre Geldpolitik besonders im Blick hat, will trotz der anziehenden Inflation vorerst keine Zinswende einleiten. Preistreiber Benzin Die Benzinpreise stiegen in den USA im Vergleich zum Vormonat um 3,3 Prozent, die Energiekosten zogen im selben Zeitraum um 2,2 Prozent an. Nahrungsmittel wurden unterdessen 0,4 Prozent teurer. Die Kauflust der Kunden lasse dennoch nicht spürbar nach, erklärten einige Konzerne. Sie führen dies unter anderem auf die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt zurück."Abgesehen von den Energiepreisen ist die Teuerung in den USA weiterhin moderat, aber gleichwohl im Steigen begriffen", sagte Postbank-Ökonom Heinrich Bayer. Er geht davon aus, dass die anziehenden Energiepreise die Inflation in den kommenden Monaten "bis auf 3,5 Prozent und möglicherweise auch leicht darüber" treiben werden.
Kein Alarm bei der Fed

Die US-Notenbank sehe den Trend gelassen, erklärte Nigel Gault, Chef-Ökonom des Instituts IHS Global Insight. "Die Kerninflation ist gestiegen, aber hat noch keinen Alarm bei der Fed ausgelöst", sagte er. Die Experten gehen davon aus, dass die Inflation ab Mitte des Jahres wieder zurückgeht.Die Zentralbanker um Fed-Gouverneur Ben Bernanke hatten Ende April beschlossen, den Zins nahe Null zu belassen und die seit November laufenden milliardenschweren Staatsanleihenkäufe trotz des Wirtschaftsaufschwungs wie geplant fortzusetzen. Das Programm läuft im Sommer aus. Die höheren Preise für Energie und Rohstoffe hätten die Teuerungsrate nach oben getrieben, doch dieser Effekt sei nicht von Dauer, versicherte Bernanke jüngst.

Obama lockert Bohrverbote

US-Präsident Barack Obama hat angesichts der hohen Benzinpreise eine Ausweitung der Öl- und Gasförderung in den USA angekündigt.Eine der größten Belastungen für die Bürger seien die in jüngster Zeit extrem hohen Spritpreise, sagte Obama in seiner wöchentlichen Radio- und Internetbotschaft. Er habe daher das Innenministerium angewiesen, entsprechende Verträge zur Ausweitung der Öl- und Gasproduktion in Alaska auszuarbeiten.Empfindliche Gebiete würden geschützt, fügte er hinzu. Das fragliche Förderareal in Alaska liegt in der Nähe eines großen Naturschutzgebiets, in dem ebenfalls Ölvorkommen vermutet werden. Die Republikaner dringen darauf, das Gebiet komplett für die Förderung freizugeben.Obama versprach außerdem, die Erkundung von Öl- und Gasreserven im zentralen und im südlichen Atlantik zu beschleunigen und neue Fördergebiete im Golf von Mexiko zu pachten.

Diesmal soll nichts passieren
Der US-Präsident hatte im März 2010 angekündigt, Ölbohrungen entlang der Atlantikküste, im östlichen Golf von Mexiko sowie an der Nordküste Alaskas auszuweiten. Nach der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko im April 2010 hatte er diesen Plan zunächst aus Eis gelegt. In der Fachwelt wird die Wirkung der nun angekündigten Maßnahme auf das Preisniveau im US-Markt bezweifelt. Selbst wenn die neuen Förderkapazitäten sofort zur Verfügung stünden, hätten sie wohl keinen maßgeblichen Einfluss auf die Endkundenpreise an den Tankstellen. Die US-Regierung will auf lange Sicht die Ölimporte mindern, da ein Großteil des Rohöls in oft instabilen Regionen der Welt gefördert wird. Innerhalb der kommenden zehn Jahre will Obama die Ölimporte um ein Drittel senken, zudem ist eine verstärkte Konzentration auf erneuerbare Energien vorgesehen.

Gutachten warnt vor Euro-Schirm

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages sieht nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung enorme Risiken beim geplanten Euro-Rettungsschirm (ESM). Deutschland übernehme so weitreichende Garantien in Form von Bürgschaften, dass diese "bei maximaler Inanspruchnahme einen dreistelligen Milliardenbetrag erreichen können", zitiert die "Bild"-Zeitung aus einem vertraulichen Gutachten. In dem Dokument werde die Gefahr von "Nachschusspflichten" beschrieben, wenn Mitgliedstaaten ihren Zahlungspflichten nicht nachkämen. Ähnliche Kritikpunkte hatte zuvor bereits der Bundesrechnungshofs vorgebracht.

Nach Einschätzung der Experten könnte die jetzige Ausgestaltung des Rettungsmechanismus gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz verstoßen. Damit wäre die gesamte Konstruktion verfassungswidrig. Die Finanzierung des Rettungsschirms war in langwierigen Verhandlungen zwischen den Hauptstädten der europäischen Schwergewichte ausgehandelt worden.

Dem Bericht zufolge schlagen die Wissenschaftler dem Bundestag in ihrer zehnseitigen Expertise vor, dass in den völkerrechtlichen Vertrag gesetzliche Regelungen für eine Begrenzung der deutschen Beteiligung aufgenommen werden müssten. Das Gutachten mache deutlich, dass Bürgschaften von heute schnell zu den Schulden von morgen werden könnten, schreibt das Blatt. Angefordert habe das Gutachten der CDU-Haushaltsexperte Norbert Brackmann.

Der ESM soll den derzeitigen Rettungsschirm für in Not geratene Euro-Länder ab 2013 ersetzen. Der Fonds umfasst 700 Mrd. Euro - 80 Mrd. Euro zahlen die Länder bar ein, der Rest wird mit Garantien und abrufbarem Kapital gedeckt. Auf Deutschland entfallen den bisherigen Plänen zufolge 21,7 Mrd. Euro an Bareinzahlungen. Deutschland haftet mit einem Betrag von bis zu 190 Mrd. Euro. Der EU-Gipfel hatte die Ausgestaltung des dauerhaften Rettungsschirms politisch Ende März beschlossen. Mit dem gewaltigen Volumen des Fonds sollten die Zweifel an den Finanzmärkten hinsichtlich der Handlungsfähigkeit des Rettungsschirms ausgeräumt werden. Zumindest theoretisch wäre es mit dem neuen ESM und der Bürgschaftskonstruktion auch möglich, neben Griechenland, Irland und Portugal weiteren Schuldenstaaten finanziell unter die Arme zu greifen.
Die EU-Finanzminister treten zusammen

Die Euro-Staaten verhandeln derzeit über die Regeln, wie der dauerhafte Rettungsschirm für angeschlagene Mitgliedsländer ab Mitte 2013 funktionieren soll. Dabei muss Deutschland weiter um die Einbeziehung privater Gläubiger an künftigen Krisenlösungen kämpfen. In dem jüngsten Entwurf für den völkerrechtlichen ESM-Vertrag soll es angeblich zwar einen Passus geben, der Haftungsklauseln für alle neuen Staatsanleihen der Euro-Länder ab Mitte 2013 vorsehe. Allerdings habe die Leitung der Euro-Gruppe diesen Paragraphen nach etlichen Konsultationsrunden mit den 17 Euro-Regierungen ausdrücklich auf "strittig" gestellt, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Am kommenden Montag werden nun die Euro-Finanzminister über den Text verhandeln. Eine Einigung wird erst im Juni erwartet.

In den Verhandlungen will die Bundesregierung sicherstellen, dass sich der ESM auf keinen Fall verselbständigt. In dessen Verwaltungsrat haben die Euro-Länder mit einer laxeren Finanzpolitik Beobachtern zufolge die Mehrheit. Deshalb ist etwa bei der Aktivierung von Hilfen Einstimmigkeit vorgesehen.

Die nun anstehende völkerrechtliche Vereinbarung ist deshalb so wichtig, weil sie die exakte Funktionsweise des ESM regelt. Deutschland hatte zum Beispiel etwa darauf bestanden, dass der ESM keine Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufkaufen darf, wo die Schuldverschreibungen nach ihrer Ausgabe von Banken gehandelt werden. Ein Eingriff in den Sekundärmarkt würde aus deutscher Sicht die Preisbildung verfälschen und damit Risiken verdecken.
Große Bedenken in der Bevölkerung

Als wichtigsten Punkt für die innenpolitische Akzeptanz des ESM in Deutschland beschreiben Beobachter die Möglichkeit, im Falle einer Insolvenz die Lasten nicht nur die Steuerzahler, sondern auch die privaten Investoren tragen zu lassen. Der Bundestag muss dem ESM-Vertrag im Herbst zustimmen. Im Zuge der Einigung auf die Eckpunkte der Finanzierung hatten Parlamentarier Kanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vorgeworfen, weitreichende Zugeständnisse am Bundestag vorbei gemacht zu haben.

Vor allem SPD und Grüne kritisieren die Bundesregierung zudem, dass sie nicht strengere Regeln durchgesetzt habe. Union und FDP betonen ihrerseits, dass sie angesichts der Bedeutung des ESM eine fraktionsübergreifende Zustimmung im Bundestag suchen. Das Kanzleramt erfüllt deshalb nun auch die Forderung der SPD, den Fraktionen den Entwurf des ESM-Vertrages zukommen zu lassen. Dies soll kommende Woche geschehen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte in der Debatte über die Portugal-Hilfen darauf verwiesen, man werde darauf pochen, im Insolvenzfall eines Euro-Staates künftig auch Privatinvestoren mit heranzuziehen. Dabei stoße man aber auf Widerstand. Dazu passt die Bemerkung eines EU-Diplomaten, dass nur Deutschland Debatten über den ESM-Vertrag aufwerfe.
Freie Fahrt für den Finanzmarkt?

Die Bundesregierung sei offenbar nicht zufrieden damit, dass über die Beteiligung privater Gläubiger nur von Fall zu Fall entschieden werde und sie nicht per se vorgesehen sei. Die fallweise Entscheidung hatten die EU-Staats- und Regierungschefs einschließlich Merkel allerdings schon beim Dezember-Gipfel vereinbart. Vor einem Automatismus für die Gläubigerbeteiligung hatte vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) gewarnt, weil sich die Situation für die Krisenländer immer weiter verschlechterte, sobald die von Deutschland forcierte Diskussion über Gläubigerbeteiligung aufkam.